Otto Piene

„Das Licht ist die erste Bedingung des Sichtbaren. Das Licht ist die Sphäre der Farbe. Das Licht ist das Lebenselement des Menschen und des Bildes“1 , schreibt Otto Piene in der zweiten Ausgabe der Zeitschrift ZERO 1958, die er gemeinsam mit Heinz Mack in Düsseldorf gründete. Ein Jahr zuvor hatte Piene erstmals mit monochromen Vibrationsstrukturen experimentiert, um seine Bilder „lichtschlüpfig“ werden zu lassen. Aus perforiertem Karton und Metall stellte er Rastersiebe her, durch die hindurch er zähe Ölfarbe auf eine Leinwand spachtelte, um so in senkrechten, waagerechten und kreisförmigen Reihungen angeordnete, erhabene Rasterpunkte zu schaffen, die er mit Lösungs- und Malmitteln überschwemmte. Pienes „Rasterbilder“ werden durch diese realräumlichen Strukturen zu einem Instrument, das je nach Beleuchtungsverhältnissen ein realzeitliches Bild aus Licht moduliert, abhängig von Standpunkt und Perspektive eines Betrachtenden. Die Methode seiner Rasterbilder übertrug der Künstler auch in kinetische und beleuchtete Metallobjekte, die nach dem Prinzip des von László Moholy-Nagy entwickelten Licht-Raum-Modulators (1922–1930), die Ausstellungsumgebung in ständig wechselnde, zufällige Lichtstrukturen wandeln und das reine Licht und seine bloße Sichtbarkeit als „Gegenstand“ seiner Kunst definiert. Pienes Lichtmodulationsexperimente stehen für eine purifizierte Elementarkunst, die er aus der Strategie größtmöglicher und einem utopischen Nullpunkt entgegenstrebender Subtraktion und Reduktion künstlerischer Mittel und Techniken entwickelte.

Ulrike Pennewitz

 

1 Otto Piene, Über die Reinheit des Lichts, in: ZERO, 2, Oktober 1958.

 

In der Ausstellung:

Otto Piene
Ohne Titel (Rasterbild), 1959
Acryl auf Leinwand
70 × 90 cm
Privatbesitz

 

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