Per Kesselmar

In den Werken Per Kesselmars zeigt sich deutlich seine Faszination für Licht. Der in Stockholm lebende Künstler mischt in seinen Gemälden unterschiedliche Nuancen weißer Farbe auf großen Metallplatten. In seinen Skulpturen bezieht er den Ausstellungsraum mit ein, spielt mit der Realität und erschafft eine Atmosphäre für den Betrachter. Im folgenden Interview erläutert er Sabrina Möller seinen künstlerischen Prozess und seine einzigartige Beziehung zum Betrachter.

Sabrina Möller: In den 1990er-Jahren arbeiteten Sie mit Farben wie Gelb und Orange, heute dominieren in Ihren Werken unterschiedliche Weißtöne. Wie kam es dazu?

Per Kesselmar: Das Licht und sehr helle Farben haben mich schon immer fasziniert. Das ergab sich ganz natürlich. Mein Hauptinteresse galt von Anfang an hellen Farben. Als Maler finde ich es faszinierend, Licht zu erzeugen ... Am interessantesten ist für mich das Erhabene und die Auseinandersetzung mit unserer Wahrnehmung: was wir sehen und was wir sind.

S.M.: Auf den ersten Blick erscheinen Ihre Bilder überwiegend monochrom. Dabei arbeiten Sie mit verschiedenen Schichten weißer Farbe, in die Sie kleine Mengen anderer Farben mischen. In dem Dokumentarfilm über Ihre Arbeit habe ich gesehen, dass Sie diese Farben direkt auf der Oberfläche des Bildes mischen. Warum? Können Sie das Verfahren genauer beschreiben?

P. K.: Früher hatte ich Farbe an allen Fingern, an jedem eine andere, die ich dann mit dem Weiß vermischte. Mit den verschiedenen Farben kann ich das Weiß wärmer oder kälter machen, so wie ich es gerade möchte. Ich arbeite mit vielen Schichten übereinander und mit Transparenz, sodass sich der Raum der Leinwand öffnet und man durch sie hindurchsieht.

S.M.: Gibt es Kriterien dafür, welche Farbe als nächstes an die Reihe kommt?

P. K.: Nein, das funktioniert sehr intuitiv. Sehr wichtig ist das Material, mit dem ich arbeite. Ich arbeite mit verschiedenen Arten von Metall. Ich wähle jeweils Farben, die mit dem Material zusammenpassen.

S.M.: Sie malen nicht auf Leinwand, sondern auf Eisen, Aluminium, Messing usw. Wie wichtig ist die Oberfläche des Materials für Sie, und inwieweit bestimmt sie Ihre Arbeit?

P. K.: Ich finde es sehr spannend, auf Metall zu arbeiten, weil es so glatt ist. Außerdem sprechen mich Metalle wie Eisen und Blei an, weil sie einen so extremen Kontrast zum Licht bilden. Metall ist zudem dunkler, wodurch ein dramatischer Kontrast zum Weiß entsteht. Ich lasse an den Rändern absichtlich immer ein bisschen vom Untergrund sichtbar.

S.M.: Wann haben Sie begonnen, diese Art von Formensprache zu entwickeln? Gibt es so etwas wie einen Ursprungsmoment?

P. K.: Es gab einen Moment, in dem ich an einem Kupferplattendruck arbeitete und dachte, dass die Kupferplatte selbst eigentlich viel besser war als der Druck. Das war in den 1980er-Jahren an der Königlichen Akademie. Seitdem arbeite ich so.

S.M.: Woher kommt die Inspiration für Ihre Werke? Haben Sie eine bestimmte Idee im Kopf, oder wie entwickeln Sie den Gegenstand der jeweiligen Arbeit?

P. K.: Ich möchte dem Betrachter ein Gefühl der Gegenwart vermitteln. Die erhabene Gegenwart und die erhabene Realität, von der wir als Menschen alle ein Teil sind. Das möchte ich dem Betrachter vermitteln. Ich arbeite auch mit dem umgebenden Raum, mit Schatten und verschiedenartigen Objekten, die Licht reflektieren oder Schatten werfen. Ich spiele mit der Realität, um die Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was im Hier und Jetzt gerade geschieht – eine Art, uns in die Gegenwart zu führen.

S.M.: Die Existenz von Licht impliziert immer auch das Vorhandensein von Schatten. Sie erzeugen in Ihren Gemälden Licht, aber auf der anderen Seite produzieren Sie mit Ihren Objekten, die mit dem Ausstellungsraum interagieren, auch Schatten. Erzählen Sie mir mehr über die Interaktion zwischen den Objekten und dem Raum und über die Beziehung zwischen Licht und Schatten.

P. K.: Ich spiele gern mit der Realität. Am wichtigsten ist es mir, für den Betrachter eine Atmosphäre zu erschaffen, nicht einfach ein einzelnes Werk. Es geht darum, eine Atmosphäre für den Raum zu erschaffen, den man betritt. Ich nutze das Format der Ausstellung, um weiter mit der Realität zu spielen, um Schatten zu malen und um die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das zu lenken, was im Hier und Jetzt geschieht.

S.M.: Es scheint, dass Wiederholung ein wesentliches Merkmal Ihrer Arbeit ist. Würden Sie dem zustimmen?

P. K.: Ja, meine Arbeit kann als repetitiv wahrgenommen werden. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich Jahr um Jahr am selben Bild arbeite. Das Malen erreicht jedoch nie ein Ende. Ich betrachte die Vielzahl der Bilder als ein einziges fortlaufendes Werk.

S.M.: Wie wichtig sind Aspekte wie die Ästhetik für Ihre Arbeit? Betrachten Sie Ihre Werke bis zu einem gewissen Grade als dekorativ?

P. K.: Ich habe kein Problem mit dem Dekorativen, kann allerdings nicht sagen, dass es mir in erster Linie darum geht. Für mich ist das Erhabene nichts Dekoratives, sondern ein Gefühl der Zugehörigkeit zum Betrachter.

S.M.: Vielen Dank!

Per Kesselmar im Interview mit Sabrina Möller (Art&Signature), März 2016
Veröffentlicht auf http://www.artandsignature.com/en/blog/2016/03/05/interview-with-per-kesselmar/

 

In der Ausstellung:

Per Kesselmar
Pale Blue Screen S1, 2018
Öl auf Stahl
120 × 100 cm
Sammlung Rira

 

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